Kaufvertrag

Formerfordernis gem. § 311 b BGB

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Formzwang gem. § 311 b BGB

Soweit ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung veräußert werden soll, schreibt das Gesetz in § 311 b BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vor, dass ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf.

Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag ist formnichtig. Der Gesetzgeber hat damit der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäftes Rechnung getragen. Verkäufer und Käufer sollen vor "Übereilung" geschützt werden; es soll eine umfassende Beratungsmöglichkeit durch den Notar als unabhängige und neutrale Institution gewährleistet sein.

Müssen in diesem Vertrag auch alle Nebenabreden enthalten sein?

Ein Vertrag, der dem Formgebot des § 311 b BGB an sich nicht unterliegt, ist gleichwohl zu beurkunden, wenn er mit einem Grundgeschäft eine rechtliche Einheit bildet. Eine rechtliche Einheit besteht, wenn die mehrere Verträge nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen (BGHZ 78, 346; BGH NJW 2002, 2559).  

Ob ein solcher rechtlicher Zusammenhang vorliegt hängt davon ab, ob die Parteien ausdrücklich oder stillschweigend den Abschluss des einen Geschäftes zur (nicht notwendigerweise rechtsgeschäftlichen) Bedingung für den Abschluss des anderen Geschäfts gemacht haben und diese somit Teile eines einheitlichen Gesamt- Geschäfts bilden. Eine wechselseitige Abhängigkeit der Verträge ist nicht unbedingt Voraussetzung.  

Für die Beurteilung der Formbedürftigkeit kommt es auf die Abhängigkeit des Grundstücksvertrages von dem weiteren Geschäft an. Entscheidend ist die

  • die Warn-  bzw. Schutzfunktion,
  • die Gewährsfunktion für richtige, vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens und
  • die  Beweisfunktion, die eine Erstreckung des Formgebots auf das verbundene Geschäft erfordert.

Für mit dem Kaufvertrag in dieser Weise verbundene Darlehensverträge, Mietverträgen etc. besteht deshalb zur Vermeidung einer späteren, gerichtlichen Klärung mit unter Umständen offenem Ausgang die Notwendigkeit, diese in die vertragliche Regelung (ausdrücklich) einzubeziehen.

Eine allgemeine Bezugnahme ist nicht ausreichend; es sei denn, es handelt sich um öffentliche Urkunden, die in beglaubigter Abschrift bei der Beurkundung vorlagen, nach eigener Erklärung allen Beteiligten bekannt sind und der Notar in der Niederschrift festgehalten hat, dass die Beteiligten auf die Verlesung verzichteten.

Gem. § 14 Abs. 1 BeurkG (Beurkundungsgesetz) kommt ausnahmsweise eine Erleichterung bei der Verlesung von Bilanzen, Inventaren oder sonstigen Bestandsverzeichnissen in Betracht. Eine Verweisung in der Niederschrift, die Beifügung als Anlage zur Urkunde, die Verzichtserklärung der Beteiligten und die Unterzeichnung ist jedoch notwendig.

Müssen die Erklärungen vollständig und richtig sein?

Ja, es ist größte Vorsicht geboten, wenn Käufer und Verkäufer bewusst falsche Angaben machen, z. B. in der Annahme, bei Vorspiegelung eines niedrigeren Kaufpreises könnten Kosten beim Grundbuchamt, Notar oder sogar die Grunderwerbsteuer verkürzt werden. Vereinbaren Verkäufer und Käufer bewusst Unrichtiges, ist die tatsächlich gewollte Vereinbarung nicht beurkundet. Die Beurkundungsform ist nicht eingehalten: das Rechtsgeschäft ist nichtig.

Die tatsächlich beurkundeten Erklärungen sind nicht gewollt, der mit dem nicht gewollten Inhalt beurkundete Kaufvertrag ist als Scheingeschäft nichtig. Das tatsächlich Gewollte haben die Beteiligten nicht beurkundet. Folglich ist die Beurkundungsform nicht eingehalten.

Der Mangel der Form könnte allenfalls mit Eintragung in das Grundbuch "geheilt" werden.

Ist ein geringerer Kaufpreis beurkundet worden, haben sich beide Parteien der Steuerhinterziehung (Käufer) und Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Verkäufer) -(zumindest Grunderwerbsteuer) schuldig gemacht. Abgesehen davon dürfte auf der Seite des Käufers Erklärungsnot gegenüber dem Finanzamt eintreten, aus welchen Mitteln der Kaufpreis entnommen wurde. Weitere Ermittlungen könnten bevorstehen.

Darf der Kaufpreis (wahrheitswidrig) nachträglich gemindert und ein Teil des Kaufpreises von dem Anderkonto an den Käufer zurückgezahlt werden?

Auch Versuche, den Kaufpreis (nachträglich) zu "mindern" müssen ausgeschlossen werden. Ist der Kaufpreis auch nur anteilig finanziert, wird die finanzierende Bank über die Beleihungsgrundlage und Werthaltigkeit der Immobilie getäuscht. Das erfüllt den Tatbestand eines zumindest versuchten Betruges gem. § 263 StGB (Strafgesetzbuch) und wird voraussichtlich zur Kündigung des Darlehensvertrages führen.

Der Notar darf bei einer solchen Vereinbarung nicht ohne Weiteres mitwirken; er darf sich auch den Beweisanzeichen nicht verschließen, sondern wird die Bank und das Finanzamt vor einer Auszahlung des Kaufpreises an den Käufer unterrichten müssen. Vor deren Einverständnis darf er keineswegs in Erfüllung der Minderungsvereinbarung von einem Anderkonto Rückzahlungen an den Verkäufer leisten. Anderenfalls riskiert der Notar seinerseits die finanzierende Bank zu täuschen und kommt damit unmittelbar als Täter des Straftatbestandes des Betruges in Betracht; jedenfalls wäre -günstigstenfalls- eine Beihilfe zum Betrug anzunehmen. In jedem Fall wäre die sofortigen Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens für den Notar die Folge.

Es ist deshalb darauf zu achten, dass sämtliche Erklärungen richtig und vollständig beurkundet werden. Sie sollten sich von Niemanden (auch nicht von sog. Fachleuten) vorschnell mit der Begründung in die Irre leiten lassen, "man solle sich nicht so anstellen, die vorgeschlagene Regelung sei schließlich üblich". Das ist sie nicht!

Haben Sie Zweifel, liegen Sie aller Voraussicht nach richtig. Sprechen Sie Ihren Notar unbedingt auf diese Zweifel an; er wird Ihnen entsprechende Vorschläge unterbreiten, den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu gestalten.