Muss ich nach einer Verurteilung in jedem Fall sogleich ausziehen, oder welche Möglichkeiten habe ich, um innerhalb angemessenen Fristen auszuziehen?

Eine Mieter einer Wohnung kann einen Antrag auf Räumungsfrist stellen, § 721 Zivilprozessordnung (ZPO), um drohenden Obdachlosigkeit zu verhindern. Das sollte bereits in dem Verfahren geltend gemacht werden und zwar spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung.

Ist dieser Antrag versehentlich oder in Unkenntnis nicht erfolgt und liegt bereits ein Räumungsurteil vor, kann der Mieter ausnahmsweise noch einen Räumungsschutzantrag stellen, jedoch nur bis spätestens zwei Wochen vor dem Räumungstermin, welchen das Gericht im Urteil festgelegt hat.

Der Räumungsaufschub kann auf Antrag verlängert werden, darf jedoch insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen.

Eine solche Frist kann gem. § 794 a ZPO kann auch dann noch gewährt werden, wenn sich der Schuldner in einem Vergleich, aus dem die Zwangsvollstreckung stattfindet, zur Räumung von Wohnraum verpflichtet hat.

Kann ich ohne Räumungsurteil gezwungen werden, die Wohnung zu verlassen?

Das ist rechtlich ausgeschlossen. Natürlich ist es unvernünftig, der Vollstreckung eines Räumungsurteils durch den Gerichtsvollzieher entgegen zu sehen. Einwände gegen einen Kündigung können in dem Verfahren vor dem zuständigen Gericht vorgebracht werden. Das Gericht wird diese Gesichtspunkte in jeder Hinsicht berücksichtigen, sie müssen jedoch in der zivilprozessualen Form vorgebracht werden; eine anwaltliche Vertretung ist spätestens nach Zustellung der Räumungsklage erforderlich. Zu empfehlen ist allerdings eine möglichst frühzeitige Beauftragung eines Rechtsanwaltes. Der Rechtsanwalt kann die Kündigungserklärung auf Bedenken prüfen und notfalls Verhandlungen aufnehmen, wenn die Kündigungsgründe beachtlich sein sollten.

Auf keinen Fall können Sie ohne Zustellung eines Räumungstitels gezwungen werden, auszuziehen. Auf den Vermieter, der versuchen sollte, in dieser Weise vorzugehen können erheblichen Schadensersatzansprüche zukommen; auch Schmerzensgeldforderungen kommen in Betracht. Das Amtsgerichtes Reinbek hat hierzu entschieden: Ein Vermieter, der nach erfolgter Kündigung ohne das Vorliegen eines Vollstreckungstitels die Wohnung räumen lässt, hat seinem Mieter ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR zu zahlen Urteil vom 20.05.2008 - 5 C 624/06.