Ehe- und Familienrecht

Unterhalt

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Wann besteht eine Unterhaltsverpflichtung?

Verwandte in gerader Linie (§ 1601 BGB) und Ehegatten (§ 1361 BGB und § 1570 ff. BGB) schulden sich nach dem Gesetz wechselseitig Unterhalt. Die übrigen Verwandten schulden sich also wechselseitig keinen Unterhalt. Eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Geschwistern besteht deshalb nicht.

Wer zählt zu den Verwandten gerader Linie? Das ergibt sich aus § 1589 BGB: Personen, deren einer von dem anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt, also in der Regel Großeltern, Eltern, Kinder und Enkelkinder. 

Aus § 1601 BGB folgt der mehr an Bedeutung gewinnende Unterhaltsanspruch von Eltern gegenüber ihren Kindern (Elternunterhalt) und die (weiterhin gewöhnungsbedürftige) Unterhaltsverpflichtung von Großeltern gegenüber ihren Enkelkindern.

Die wechselseitige Unterhaltsverpflichtung von Ehegatten unterscheidet sich bei bestehender Ehe danach, ob die Ehegatten zusammenleben, voneinander getrennt leben oder rechtskräftig geschieden sind.

Vor rechtskräftige Ehescheidung bestehen folgen Unterhaltsansprüche:

  • leben beide Ehegatten (noch) zusammen, besteht eine wechselseitige Verpflichtung zum Familienunterhalt beizutragen (§ 1360 BGB);
  • leben die Ehegatten voneinander getrennt (auch innerhalb der Ehewohnung möglich), richtet sich der Anspruch auf Zahlung von  Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB. Danach kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.

Ab Rechtskraft der Ehescheidung geht es um den nachehelichen Unterhalt; dieser unterscheidet sich von dem Trennungsunterhalt und kommt nur in Betracht, wenn einer der gesetzlichen Unterhaltstatbestände vorliegt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, scheidet ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus. Folgende Unterhaltsansprüche kommen in Betracht:

  • Unterhaltsanspruch wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder, § 1570 BGB;
  • Unterhaltsanspruch wegen Alters, § 1571 BGB;
  • Unterhaltsanspruch wegen Krankheit oder Gebrechen, § 1572 BGB;
  • Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt, § 1573 BGB;
  • Unterhaltsanspruch wegen Ausbildung, Fortbildung, Umschulung, 1575 BGB;
  • Unterhaltsanspruch wegen Billigkeit, § 1576 BGB.

Unterhaltsansprüche zwischen eingetragenen Lebenspartnern

Die wechselseitigen Unterhaltsansprüche der Lebenspartner orientieren sich in Anlehnung an die ehelichen Unterhaltstatbestände in dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Danach kommen sowohl Trennungsunterhalt als auch nachpartnerschaftlicher Unterhalt in Betracht.

Unterhaltsvereinbarungen im Ehevertrag

Der nacheheliche Unterhalt kann in einem Ehevertrag geregelt werden. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben allerdings darauf abgestellt, dass Eheverträge, in welchen Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse und ihre Vermögensangelegenheiten abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, entweder gemäß § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) unwirksam oder dem Ehegatten die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen gemäß § 242 BGB (Treu und Glauben) unzulässig sein kann.

Mit einer Entscheidung vom 28.11.2007 (AZ. XII ZR 132/07 hatte der Bundesgerichtshof die Unterhaltsreform vorweggenommen und im Falle der Erkrankung eines Ehegatten darauf abgestellt, welchen ehebedingten Nachteilen der Ehegatte ausgesetzt war und wie er ohne Eheschließung gestanden hätte. Kinder waren aus der Ehe nicht hervorgegangen, auch ohne Eheschließung wäre der Ehegatte nicht in die Lage versetzt Einkünfte zu erzielen. Da somit Nachteile nicht gegeben waren, hatte der BGH den Unterhaltsverzicht nicht beanstandet.

Sind aus der Ehe Kinder nicht hervorgegangen, dürfte das Leitbild der Unterhaltsreform grundsätzlich dazu führen, dass ein Unterhaltsverzicht nicht mehr ohne weitere sittenwidrig ist oder eine Anpassung nach Treu und Glauben erfolgen müsste.

Soweit aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und minderjährige Kinder weiterhin zu betreuen sind, dürften weiterhin Bedenken an der Wirksamkeit an einer vollständiger Unterhalts-Verzichtsvereinbarung bestehen, da der Betreuungsunterhalt den Kern der Ehescheidungsfolgen betrifft. Allerdings dürfte nichts dagegen sprechen, den Unterhalt auf einen angemessenen aber bestimmbaren Zeitraum zu beschränken, vorausgesetzt, dass der Ehevertrag nicht unter anstößigen Motiven zustande gekommen sein sollte oder zustande kommt. Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil vom 28.03.2007 (Aktenzeichen: XII ZR 130/04) noch zum "alten Unterhaltsrecht" entschieden, dass eine Vereinbarung, nach welcher der Betreuungsunterhalt bereits dann entfallen soll, wenn das jüngste Kind das 6. Lebensjahr vollendet hat, nicht schlechthin sittenwidrig ist. Bei höheren Einkünften dürfte auch nichts dagegen einzuwenden sein, den Unterhalt auf einen festen Betrag und/oder für einen bestimmten Zeitraum festzusetzen.

Welche Auswirkung hat die Unterhaltsreform auf die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten.

Die Rangfolge zwischen den Unterhaltsberechtigten ist neben der Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruches im Zusammenhang mit der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten im Anschluss an die Scheidung das wesentliche Kernstück der Unterhaltsreform. Da die Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten verstärkt wurde, war es folgerichtig den minderjährigen Kindern den höchsten Schutz einzuräumen. Eltern können für ihren Unterhalt sorgen, minderjährige Kinder nicht. Der Gesetzgeber hat die bisherige gesetzliche Regelung, die nach weit verbreiteter Meinung misslungen ausgestaltet war,  neu gefasst:  § 1609 BGB (Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter) ordnet nunmehr an:

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

  1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,(volljährige privilegierte Kinder)
  2. Elternteile minderjähriger Kinder, oder Eltern, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder dies im Fall einer Scheidung wären oder Ehegatten bei einer Ehe langer Dauer oder geschiedene Ehegatten bei einer Ehe langer Dauer
  3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
  4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, (volljährige nicht privilegierte Kinder und verheiratete minderjährige Kinder)
  5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
  6. Eltern,
  7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

Der Unterhaltsbedarf einer geschiedenen und einer neuen Ehefrau beeinflussen sich nunmehr gegenseitig. Der jeweilige Bedarf ist deshalb aus einer Drittelung des vorhandenen Einkommens zu ermitteln. Ist nur ein unterhaltsberechtigter Ehegatte vorhanden, ergibt sich dessen Bedarf aus einer Halbteilung des vorhandenen Einkommens. Dem Halbteilungsgrundsatz kann aber nicht entnommen werden, dass dem Unterhaltspflichtigen stets und unabhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten immer die Hälfte seines Einkommens verbleiben muss. Nach der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung musste der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau auf der Grundlage eines fiktiven und geringeren - weil nach der Grundtabelle zu versteuernden – Einkommens errechnet werden. Weil sich nunmehr der Unterhaltsbedarf der geschiedenen und der neuen Ehefrau wechselseitig beeinflussen, ist dieser Splittingvorteil weggefallen. Allerdings darf ein geschiedener Ehegatte nicht mehr Unterhalt erhalten, als ihm ohne Einbeziehung des Splittingvorteils zustünde, wenn er allein unterhaltsberechtigt wäre. Der Bundesgerichtshof hat dies in seiner Entscheidung vom 30.07.2008, Geschäftszeichen XII ZR 177/06 ausdrücklich klargestellt.

Welche Auswirkungen ergeben sich durch die unterschiedlichen Rangstufen?

Die Unterhaltsberechtigten der nächsten Rangstufe werden nur berücksichtigt, wenn alle Unterhaltsansprüche der vorgehenden Rangstufe erfüllt werden, der eventuell verbleibende Geldbetrag ist auf die Berechtigten der nachfolgenden Stufe zu verteilen.

Reicht das zur Verfügung stehende Einkommen nur aus, die Unterhaltsansprüche der ersten Rangstufe zu erfüllen, besteht für die anderen Unterhaltsberechtigten kein Unterhaltsanspruch mehr. Nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Unterhaltsrecht, stand der Ehegatte mit den minderjährigen Kindern auf gleicher Stufe. Reichte das zur Verfügung stehenden Einkommen nicht aus, den Unterhaltsbedarf aller Berechtigten zu decken, lag ein Mangelfall vor, d. h. jedoch Unterhaltsberechtigte erhielt nur eine prozentuale Quote des zuvor ermittelten Bedarfes.

Mit der neuen Rangfolgebestimmung lässt sich zwar im Einzelfall eine Mangelfallberechnung nicht ausschließen. In den überwiegenden Fällen, dürfte jedoch der erste Rang gesichert sein. Liegt dennoch ein Mangelfall vor, steht zugleich fest, dass Unterhaltsspielraum für die weiteren Berechtigten, z. B. der Kindesmutter nicht mehr in Betracht kommt, weil auf der Seite des Unterhaltsverpflichteten Leistungsunfähigkeit besteht.

Liegt kein Mangelfall vor, erhält das oder erhalten die Kinder den gesetzlich geschuldeten Unterhalt. Für die anderen Unterhaltsberechtigten steht dann nur noch das bis zum Selbstbehalt verbleibende Einkommen zur Verfügung, in vielen Fällen wird somit auf dieser Stufe ein Mangelfall vorliegen. Handelt es sich bei der 2. Stufe um die erziehende Mutter, schließt sich der Kreis der Unterhaltsreform (Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten). Wirtschaftlich betrachtet ergibt sich für die Kindesmutter in diesem Beispiel allerdings keine Schlechterstellung. Die Unterhaltsreform führt nicht zu einem verringerten Gesamtunterhalt. Die zur Verfügung stehende "Unterhaltsmasse" bleibt (insgesamt) identisch.

Für die betreuende Kindesmutter stellt sich in diesem Fall die Frage nicht mehr, ob und welcher Weise der nacheheliche Unterhaltsanspruch im Anschluss an die Unterhaltsreform eingeschränkt ist.

Wirkt sich die Unterhaltsreform auch auf den Trennungsunterhalt aus?

Mit Wirkung des 01.01.2008 hat der Gesetzgeber den nachehelichen Unterhalt reformiert. Nach den Zielen der Reform ging es darum, die Eigenverantwortung von Ehegatten im Anschluss an die Scheidung zu stärken. Bei einer so weit reichenden Reform ist es keine Überraschung, dass eine Reihe von Fragen ungeklärt bleiben, die erst in der Zukunft mit den erwarteten höchstrichterlichen Entscheidungen geklärt werden können.

Der Trennungsunterhalt ist von der Unterhaltsreform -von geringen Ausnahmen abgesehen- nicht betroffen. Der neu geschaffene Härtegrund aus § 1579 Nr. 2 BGB (verfestigte Lebensgemeinschaft) ist allerdings für den Trennungsunterhalt übernommen worden, ebenso die sonstigen Unzumutbarkeitsgründe des § 1579 Nr. 8 BGB. Infolge der Verstärkung des Grundsatzes der Eigenverantwortung kann sich die Erwerbsobliegenheit nach Ablauf des Trennungsjahres zunehmend dem nachehelichen Unterhalt annähern.

Was war Anlass für die Unterhaltsreform?

Die Unterhaltsreform ist mit Wirkung des 01.01.2008 in Kraft getreten und ist auf erhebliche Kritik gestoßen. Der Gesetzgeber stützt die Reform auf eine veränderte gesellschaftspolitische Entwicklung, mit der Konsequenz, dass Ehegatten Unterhaltsansprüche begrenzt, beschränkt oder befristet werden sollen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich die Realität von Ehe und Familie ganz wesentlich geändert habe. Größtenteils soll es sich um Ehen von relativ kurzer Dauer handeln und der überwiegende Teil der geschiedenen Ehen sei kinderlos geblieben. Die Rollenverteilung in der Ehe hätte sich wesentlich verändert, auch nach der Geburt von Kindern blieben immer häufiger beide Ehepartner berufstätig. Jüngere Frauen würden im Gegensatz zu früher fast alle über eine qualifizierte Berufsausbildung verfügen und bleiben auch im Falle der Kinderbetreuung erwerbstätig. Der Gesetzgeber wollte mit der Reform "den gesellschaftlichen Veränderungen" Rechnung tragen.

Die rechtspolitischen Überlegungen sind nicht ganz von der Hand zu weisen, ein tragfähiger Beweis liegt jedoch nicht vor. Für sog. "Altfälle" ist keine gerechte Lösung getroffen worden. Ehepaare, die in den letzten 20 Jahren in einer traditionellen Rollenverteilung gelegt haben, können die vor 20 Jahren getroffene Entscheidung nicht rückgängig machen. Die Grundsätze der nachwirkenden, nachehelichen Verantwortung treten zugunsten der geforderten Eigenverantwortung zurück.

Es bleibt danach abzuwarten, bis die mit der Reform aufgeworfenen Fragen abschließend höchstrichterlich geklärt sind. Unter Umständen steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ins Haus, eine spätere Gesetzeskorrektur im Anschluss an eine Reform (z. B. Mietrechtsreform) ist ebenfalls vorstellbar.

Wie wirkt sich die Unterhaltsreform auf den nachehelichen Unterhalt aus?

Der Gesetzgeber hat für die nachehelichen Unterhaltsregelungen (§ 1570 ff. BGB) sog. Programmsätze aufgestellt, die bei den nachehelichen Unterhaltstatbeständen ergänzend herangezogen werden müssen:

Grundsatz der Eigenverantwortung (1569 BGB)

Nach der Scheidung obliegt es nunmehr jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, was durch § 1569 BGB klargestellt wird. Ist er dazu außer Stande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den gesetzlichen Vorschriften. Der Gesetzgeber wollte damit klarstellen, dass eine auf Lebenszeit nachwirkende Verantwortung nur noch unter besonderen Voraussetzungen den gesellschaftlichen Verhältnissen gerecht wird.

Angemessene Erwerbstätigkeit (1574 BGB)

Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es nunmehr, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

Dem geschiedenen Ehegatten obliegt auch die Verpflichtung sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber eine inhaltliche Beschränkung (Appellcharakter) vorgenommen. Die Anforderung an die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sind dadurch erhöht werden.

Danach wird der Einstieg in einen vor der Ehe ausgeübten Beruf grundsätzlich angemessen sein, und zwar auch bei gehobenen wirtschaftlichen Verhältnisse und einer langen Ehe. Es kommt auf eine Gesamtabwägung aller Umstände an. Der Unterhaltsberechtigte muss die Gesichtspunkte im Einzelnen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass eine Arbeitsplatzchance nicht besteht oder die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit unangemessen ist. Durch den Grundsatz der Eigenverantwortung bestehen hohe Anforderungen an die Nachweispflicht, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht zu haben.

Herabsetzung u. zeitliche Begrenzung wg. Unbilligkeit (§ 1578 b BGB )

Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist darüber hinaus zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Beide Gesichtspunkte (Herabsetzung und zeitliche Begrenzung) können miteinander verbunden werden.

Die Herabsetzung und zeitliche Befristung des Unterhaltes erstreckt sich auf alle nachehelichen Unterhaltstatbestände. Die Kernfrage sind die während der Ehe erlittenen, ehebedingten Nachteile. Vom Grundsatz her gilt: Je mehr die Bedürftigkeit auf einer Ehezeit bedingt wachsenden wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Verpflichteten und auf ehebedingten Umständen beruht, desto weniger kommt eine Befristung in Betracht. Ein ehebedingte Nachteil liegt jedoch nicht vor, wenn eine Einkommensdifferenz auf einem schon bei Heirat bestehenden unterschiedlichen Ausbildungsniveau beruht.

Klassischer Fall für den ehebedingten Nachteil ist die Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder. Die Dauer der Ehe allein soll nicht mehr maßgeblich sein, sondern die zu prognostizierende betreuungsbedingte Einschränkung der Erwerbstätigkeit. Kinderbetreuung soll danach allein kein Grund mehr sein, von einer Begrenzung oder Befristung abzusehen.

Die klassische Rollenverteilung (Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit) soll einer Beschränkung entgegen stehen, wenn der Bedürfte im beiderseitigen Einvernehmen eigene Erwerbsbemühungen zurück gestellt hat, um dem anderen Ehegatten die volle berufliche Entfaltung zu ermöglichen und dadurch selbst bleibende berufliche Nachteile erlitten hat. Eine Beschränkung wäre bei dieser Sachlage unbillig, wenn die Gestaltung zu einer dauerhaften ehebedingten Bedürftigkeit geführt hat. 

Wann kann der Unterhaltsanspruch wegen grober Unbilligkeit versagt versagt oder beschränkt werden?

Unterhalt konnte auch in der Vergangenheit wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen oder herab gesetzt werden. Der Gesetzgeber hat nunmehr zur verfestigten Lebensgemeinschaft einen eigenständigen Tatbestand eingeführt. Der Unterhaltsanspruch kann wegen grober Unbilligkeit wie folgt beschränkt oder versagt werden. Ein Unterhaltsanspruch kann nach § 1579 BGB versagt, herabgestzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

  1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
  2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
  3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
  4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
  5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
  6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
  7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
  8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

Der Gesetzgeber hat weiterhin davon abgesehen, eine kurze Ehe zu definieren. Allgemein wurde eine kurze Ehedauer in der Regel bei 2 Jahren angenommen, während eine Ehedauer von 3 Jahren nicht mehr kurz sein sollte. Sind aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen, dürften i. d. R. ehebedingte Nachteile nicht gegeben sein, so dass abgesehen von einer Übergangsfrist Unterhalt nicht in Betracht kommen dürfte.

Anlass zu einer streitige Auseinandersetzung war häufig die Zuwendung zu einem anderen Lebenspartner. Der Gesetzgeber hat das Bestehen einer (verfestigen) Lebensgemeinschaft nunmehr  als bedeutsamen Härtegrund in Nummer 2 ausdrücklich benannt. Nach der Gesetzesbegründung ist der entscheidende Gesichtspunk das "Herauslösen" des geschiedenen Ehegatten aus der "nachehelichen Solidarität". Ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, bestimmt das Gesetz nicht. Eine schematische Beurteilung kommt deshalb nicht in Betracht, auch wenn nach spätestens 2 bis 3 Jahren von einer Verfestigung auszugehen ist. Es kommt auf die gesamten Umstände an, wie die verfestigte Lebensgemeinschaft nach außen in Erscheinung tritt. Das Zusammenleben in einem gemeinsam gekauften Haus ist ein Indiz für eine langjährig gemeinsam geplante Zukunft, ebenso die Versorgung eines gemeinsamen Kindes im Haushalt. Der gemeinsame Haushalt indiziert die Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft, die von außen betrachtet an die Stelle einer Ehe tritt. Auch das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ist von besonderer Bedeutung, z. B.:

  • gemeinsame Freizeitgestaltung;
  • gemeinsame Urlaube;
  • gemeinsames Verbringen von Wochenenden;
  • gemeinsame Teilnahme an den Familienfeiern;
  • das gemeinsame Verbringen der hohen Festtage;
  • größere gemeinsame Investitionen.

Die verfestigte Lebensgemeinschaft kann auch bestehen, wenn  getrennte Wohnungen (häufiger Einwand) geführt werden. Dann muss das äußere Erscheinungsbild aufgeklärt werden, genauere Überprüfungen können sich als vorteilhaft erweisen. Auf die Leistung des neuen Partners kommt es nicht an, da es nicht um Bedarfsdeckung, sondern um eine die Ehe ersetzende Gemeinschaft geht.

Wie lange habe ich als betreuender Elternteil Anspruch auf Ehegattenunterhalt, oder worauf habe ich mich als nichtbetreuender Elternteil einzustellen?

Nach § 1570 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Ehegatten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruches verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Unterhaltsanspruches kann sich auch darüber hinausgehend verlängern, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

Der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 1570 BGB den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen.

Er kann in dieser Zeit auch eine bereits begonnene Erwerbstätigkeit jederzeit wieder aufgeben. Erzielt er in dieser Zeit allerdings eigene Einkünfte, bleiben diese nicht als überobligatorisch völlig unberücksichtigt, sondern sind nach den Umständen des Einzelfalles anteilig zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2009,770).

Damit verlangt die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen und elternbezogenen Gründe ist auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich.

Kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach Billigkeit finden ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 6 Abs. 2 und 5 GG und entfalten im Rahmen der Billigkeitsentscheidung das stärkste Gewicht; sie sind deswegen stets vorrangig zu prüfen.

Da der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat, kann sich der betreuende Elternteil in dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des 3. Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezogene Verlängerungsgründe im Sinne von § 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen. Das gilt sowohl für den rein zeitlichen Aspekt der Betreuung als auch für den sachlichen Umfang der Betreuung in einer kindgerechten Einrichtung.

Die Berücksichtigung elternbezogener Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist Ausdruck der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Betreuung (BT-Drucks. 16/6980 S. 9).

Die Umstände gewinnen durch das Vertrauen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bei längerer Ehedauer oder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (§ 1570 Abs. 2 BGB). Die ausgeübte oder verlangte Erwerbstätigkeit darf deshalb neben dem nach der Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligatorischen Belastung des betreuenden Elternteils führen darf. Vielmehr ist unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs deshalb eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils über den Umfang der Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung hinaus noch eingeschränkt ist.

Aus grundsätzlichen Erwägungen kann vollzeitige Betreuung des gemeinsamen Kindes in einer kindgerechten Einrichtung nicht mehr allein im Hinblick auf das Alter des Kindes abgelehnt werden. Erforderlich ist die Darlegung individueller Umstände im Einzelfall, die eine solche Entscheidung rechtfertigen könnten.

In den ersten drei Lebensjahren des Kindes besteht somit uneingeschränkt eine Unterhaltsverpflichtung für den betreuenden Elternteil, erzielt dieses selbst Einkünfte, sind diese anzurechnen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des erhöhten Betreuungsaufwandes.

Ein pauschaler Abzug aus dem Gesichtspunkt überobligatorischer Einkünfte kommt für den betreuenden Elternteil nicht mehr in Betracht, weil seine Einkünfte nicht (mehr) überobligatorisch sind.

Wird der betreuende Elternteil sogar von dem anderen Elternteil auf Trennungsunterhalt in Anspruch genommen, weil sich der betreuende Elternteil neben der Betreuung gut auf eine beruflichen Tätigkeit eingerichtet hat und der nicht betreuende Elternteil keiner Beschäftigung nachgeht oder arbeitslos ist, muss natürlich weiterhin berücksichtigt werden, dass seine Einkünfte überobligatorisch sind. In diesem Fall ist von den Einkünften des betreuenden Elternteils ein angemessener Abzug vorzunehmen, denn seine Leistung (Erwerbstätigkeit und Betreuung) ist überobligatorisch. Das wird in diesem Zusammenhang gern übersehen.

Nach Vollendung des 3. Lebensjahres hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt. Kind- oder elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Gründen der Billigkeit führen könnten, sind deswegen vom Unterhaltsberechtigten unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Diese Gesichtspunkte müssen zur Not in intensiven Gesprächen interessengerecht und sorgfältig herausgearbeitet werden, um eine Verlängerung des Unterhaltsanspruches über die Verlängerung des 3. Lebensjahres durchzusetzen, z.B. nachvollziehbare  Einschätzung der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, verlässliche und zumutbare Fremdbetreuungsmöglichkeiten; kind- und elternbezogener Gründe im Einzelfall; Schaffung eines besonderen Vertrauenstatbestand für den betreuenden Elternteil?

Welche weiteren Unterhaltstatbestände kommen in Betracht?

Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt, § 1573 BGB

  1. Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
  2. Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
  3. Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
  4. Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

Unterhalt wegen Alters, § 1571 BGB

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt

  1. der Scheidung,
  2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder
  3. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573

wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.

Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen, § 1572 BGB

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt

  1. der Scheidung,
  2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
  3. der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
  4. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573

an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Unterhalt aus Billigkeitsgründen, § 1576 BGB

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.

Ist der nacheheliche Unterhalt mit der Unterhaltsreform abgeschafft worden?

Nein, für den Unterhaltsanspruch ist  der lebenslängliche Fortbestand der ehelichen Solidarität zwar nicht mehr der entscheidene Anknüpfungspunkt, Anknüpfungspunkt ist nunmehr der Ausgleich ehebedingter Nachteile. Diese Änderung hatte der BGH bereits kurz Inkraftreten der Unterhaltsreform vollzogen. Der BGH stellt darauf ab, inwiefern die ehelichen Lebensverhältnisse miteinander verflochten sind und inwieweit dadurch beim Berechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind. Je weiter die Entflechtung voranschreitet, desto mehr ist es gerechtfertigt, den Berechtigten auf sich allein zu stellen.

Der nachehelichen Unterhaltsanspruch richtet sich für eine Übergangszeit nach dem  vollen Quotenunterhalt unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnissen, der nach Prüfung des Einzelfalles auf den angemessenen Unterhalt zu reduzieren ist. Dieser wird sich als Untergrenze nach dem Einkommen vor der Ehe zu orientieren haben. Wie hoch der angemessene Selbstbehalt ist, ist im Gesetz nicht näher definiert und wird in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich ausgelegt. Überwiegend wird auf einen eheangemessenen Selbstbehalt von rund 1.000,00 EUR verwiesen.

Die Übergangszeit hat sich am Einzelfall auszurichten. Der Berechtigte muss  genügend Zeit haben, seinen Lebensstandard von den ehelichen Lebensverhältnissen auf seinen vorehelichen Standard abzusenken.

Umgekehrt kann eine Befristung ausgeschlossen sein, wenn ehebedingte Nachteile dauerhaft zu prognostizieren sind, z.B. bei 25jähriger Ehe bis zur Trennung, 4 Kinder, 20 Jahre wegen Kinderbetreuung nicht berufstätig. Obwohl die Ehefrau über eine gute Ausbildung verfügt (Abitur, Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und Berufserfahrung als Sekretärin) kann sie heute nur noch als ungelernte Kraft eingesetzt werden;

Andererseits: In Ausnahmefällen kann eine Begrenzung ausscheiden, wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, wenn sich z.B.  die Berechtigte nicht mehr auf die veränderten Lebensverhältnisse zumutbar einstellen kann, wie z.B. bei hohem Alter oder schwerer Erkrankung. Das  Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat in einem Urteil vom 15. 01.2008, Geschäftszeichen 8 UF 141/07 die Begrenzung bzw. Befristung ohne weitere Prüfung der ehebedingten Nachteile abgelehnt.

Ist eine Vereinbarung über den Unterhalt formbedürftig, kann die Vereinbarung mündlich getroffen werde, muss sie mündlich oder schriftlich getroffen werden, oder ist eine gerichtliche Entscheidung oder notarielle Beurkundung notwendig?

Über die Unterhaltsverpflichtung nach der Scheidung können die Ehegatten vereinbaren treffen, § 1585 c BGB. Nach Abschluss des rechtskräftigen Scheidungsverfahrens können also nacheheliche Unterhaltsregelungen mündlich getroffen werden, die Schriftform oder zumindest eine schriftliche Bestätigung ist aus Beweisgründen von Vorteil.

Für Unterhaltsvereinbarungen vor Rechtskraft der Ehescheidung sieht das Gesetz nunmehr in Abkehr von der bisherigen Regelung Beurkundungszwang vor. Der Gesetzgeber wollte damit dem bereits seit längerer Zeit geforderten Schutz (Beratungsbedürfnis der Beteiligten) Rechnung tragen. Durch die Mitwirkung eines Notars soll eine fachkundige und unabhängige Beratung der Vertragspartner sichergestellt werden, um die Eheleute vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite in ihrer Vereinbarung deutlich zu machen.

Ein gerichtlich protokollierter Vergleich soll die notarielle Beurkundungspflicht ersetzen. Sind beide Parteien in einem "Scheidungsverfahren" anwaltlich vertreten, kann ohne Weiteres eine Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt getroffen werden. Eine einseitige Erklärung ist nicht ausreichend, der Verzicht ist seiner Rechtsnatur nach Erlassvertrag, der das Unterhaltsstammrecht zum erlöschen bringt. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift ersetzt der gerichtlich protokollierte Vergleich die erforderliche notarielle Beurkundung nur dann, wenn dieser Vergleich "in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht" protokolliert wird. Der Gesetzeswortlaut ist klar und unmissverständlich. Wird ein solcher Vergleich in einem anderen Verfahren, zum Beispiel im Trennungsunterhaltsverfahren, geschlossen, ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut die gesetzliche Form nicht eingehalten. Ein unter Verstoß gegen die Formvorschrift erklärter Unterhaltsverzicht ist nach § 125 BGB unwirksam und damit nichtig.

Nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen, kann es dem Unterhaltsverpflichteten nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Nichteinhaltung der Form zu berufen (unzulässige Rechtsausübung). Voraussetzung wäre zudem, dass das Ergebnis für den Unterhaltsberechtigten untragbar wäre. Diese Voraussetzungen werden im Zweifelsfall nicht vorliegen.

Wie kann ich meine Rechte durchsetzen, wenn ich mir die Kosten einer Auseinandersetzung nicht leisten kann?

Für das gerichtliche Verfahren wird das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe bewilligen. Die dafür vorgesehenen Antragsformulare finden Sie auf unsere Homepage mit Erläuterungen und können online ausgefüllt werden.

Wir sind gern bereit, Sie der Erklärung über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu unterstützen.

Für die Beratung oder außergerichtliche Geltendmachung (z. B. Auskunftserteilung) kommt in Schleswig-Holstein Beratungshilfe in Betracht. Beratungshilfe erhalten Sie bei dem Amtsgericht unter Darlegung Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das Amtsgericht stellt Ihnen sodann einen Berechtigungsschein aus, mit dem Sie einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin Ihrer Wahl aufsuchen können.

Die dafür vorgesehenen Antragsformulare finden Sie auf unsere Homepage mit Erläuterungen und können online ausgefüllt werden.