Ehe- und Familienrecht

Sorgerecht

Bitte wählen Sie ein Thema aus dem Bereich "Ehe- und Familienrecht":

Was bedeutet gemeinsames Sorgerecht?

Beide Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Von der Personensorge ist die Gesundheitsfürsorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Erziehungsrecht, das Recht den Vor- und Familiennamen zu bestimmen,   die Aufsichtspflicht und die Pflicht das Kind rechtsgeschäftlich zu vertreten, umfasst.

Die elterliche Sorge findet ihre Rechtfertigung nicht in einem Machtanspruch der Eltern, sondern im dem Bedürfnis des Kindes nach Schutz und Hilfe, sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln. Der Erziehungsvorgang der Eltern hat den Sinn, dass Eltern ihre eigene Lebensvorstellung an die nächste Generation weitergeben und dadurch die Vielfalt der religiösen, ethischen, ästhetischen, politischen Werte und Meinungen innerhalb der Gesellschaft erhalten bleibt. Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Die Staatsanwaltschaften haben zwischenzeitlich besondere Zuständigkeit eingerichtet, um Straftaten gegenüber Kindern im elterlichen Haus zu verfolgen. 

Können wir ein gemeinsame Sorgerecht vereinbaren, wenn wir nicht miteinander verheiratet sind?

Nicht miteinander verheiratete Kindeseltern können eine gemeinsame Sorgeerklärung (Notar/Jugendamt) abgeben.

Können sich die Kindeseltern nach einer Trennung oder einer rechtskräftigen Ehescheidung nicht auf eine gemeinsame Regelung verständigen, kann eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge (nur) durch das zuständige Familiengericht erfolgen. Eine Aufhebung durch gesonderte Vereinbarung (Notar/Jugendamt) kommt nicht in Betracht. Im Falle einer einvernehmlichen Regelung, die unter Mitwirkung des Jugendamtes versucht werden sollte, wird das Familiengericht einem entsprechenden Antrag allerdings i. d. Regel stattgeben.

Habe ich als nichtehelicher Vater einen Anspruch auf (Mit-) Übertragung der elterlichen Sorge, wenn die Kindesmutter nicht zustimmt?

Ist eine gemeinsame Sorgerechtsregelung nicht erfolgt, war in der Vergangenheit eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den nichtehelichen Kindesvater gegen den Willen der Kindesmutter in der BRD nicht durchsetzbar. Die gesetzliche Regelung, wonach der nichteheliche Kindesvater generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen ist, wenn die Mutter des Kindes ihre Zustimmung zur gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder zu dessen Alleinsorge für das Kind verweigerte, ohne dass dem Kindesvater die Möglichkeit einer gerichtliche Überprüfung eingeräumt wurde, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob er aus Gründen des Kindeswohls an der elterlichen Sorge zu beteiligen ist, war mit Art. 6 Abs. 2 GG nicht vereinbar,  BVerfG, FamRZ 2010, 1403. Vorausgegangen war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Der Gesetzgeber reagiert daraufhin, mit der Änderung der gesetzlichen Vorschrift. Nach § 1626a BGB (Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern/Sorgeerklärungen) steht den bei der Geburt des Kindes nicht verheirateten Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zu,

  • wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),
  • wenn sie einander heiraten oder
  • soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.

Das Familiengericht überträgt gemäß auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Sofern keine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben wurde und eine  gerichtliche Entscheidung nicht erfolgt, verbleibt die elterliche Sorge bei der Kindesmutter.

Bleibt das gemeinsame Sorgerecht im Falle einer Trennung oder einer rechtskräftigen Ehescheidung bestehen?

Kommt es zu einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Kindeseltern, ist eine Aufhebung der elterlichen Sorge nicht zwingend erforderlich und bleibt deshab betehen.

Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (§ 1687 Satz 3 und 4 BGB). Von erheblicher Bedeutung für das Kind sind alle Angelegenheiten, deren Entscheidung nur schwer oder gar nicht abzuändern ist, die Auswirkungen auf die Kindesentwicklung hat. Hierüber sollen die Eltern grundsätzlich nur gemeinsam entscheiden:

  • Anmeldung des Kindes in einer bestimmten Kindereinrichtung; Ausbildung, insbesondere die Auswahl der Schule, Schulwechsel; Berufswahl;
  • medizinische Eingriffe, soweit sie mit der Gefahr erheblicher Komplikationen und Nebenwirkungen verbunden sind, mit Ausnahme von Notfällen;
  • Entscheidung über Anlage und Verwendung des Kindesvermögens;
  • Ausschlagung einer Erbschaft;

Kann mir das Familiengericht in bestimmten Fragen die Entscheidungsbefugnis übertragen?

Ja, in Angelegenheiten, die für die Kinder von erheblicher Bedeutung sind, wenn zwischen den Kindeseltern kein Einvernehmen hergestellt werden kann, z. B. Ein- oder Umschulung.

Welche Beratungsstellen können mir helfen, wenn eine einvernehmliche Regelung nicht möglich ist?

Kann eine Einigung unter den Kindeseltern nicht erzielt werden, berät Sie das für Ihren Wohnsitz zuständige Jugendamt bei auftretenden Konflikten und versucht eine einvernehmliche Klärung abzustimmen.

Darüberhinaus bestehen Ehe- und Familienberatungsstellen, die einen ganzheitlichen, familienpsychologischen Ansatz verfolgen. Danach soll versucht werden, die Folgen der Trennung und Scheidung für alle Beteiligten, insbesondere Kinder, so gut wie möglich aufzuarbeiten und gemeinsame Lösungen zu finden bzw. Hilfen für den Umgang mit der Situation zu geben.

Der Besuch einer solchen Beratungsstelle ist in jedem Fall förderlich.  Voraussetzung ist die Bereitschaft, das eigene Verhalten in Frage zu stellen! Mit der Liebe zum Kind und unter Berücksichtigung der vielseitigen Anforderungen an die Entwicklung des Kindeswohls kann diese Herausforderung bewältigt werden.

Zunächst sollten die Eltern versuchen, eine einvernehmliche Lösung herzustellen. Das wird  den Kindern eine erhebliche Belastung abnehmen. Ein fortlaufender Streit der Eltern wid zu einem erheblichen Schaden des Kindes führen und kann  dazu führen, beiden Eltern das Sorgerecht zu entziehen, wenn eine Kindeswohlschädigung anderenfalls nicht abgewendet werden kann.

Streit unter Kindeseltern –bisweilen heftig und an der Grenze der Existenzvernichtung und unter Umständen über viele Jahre- kann zu unendlichen Verfahren vor den Familiengerichten führen.  Doch selbst wenn am Ende einem der Elternteile das Sorgerecht zugesprochen wird, ist der auf der Seite des Kindes eingetretene Schaden selten ohne psychologische Hilfe nicht wieder gut zu machen.

Kann ich die Übertragung der elterlichen Sorge beantragen, wenn wir uns nicht verständigen können.

Sollte weiterhin eine einvernehmliche Regelung nicht zu erzielen sein, muss für die Kinder eine klare und verlässliche Regelung getroffen werden, die die Verhältnisse im Kindeswohlinteresse wieder normalisiert. Gemäß § 1671 BGB ist ein Antrag an das Familiengericht erforderlich. Jeder Elternteil kann gemäß § 1671 BGB bei dem zuständigen Familiengericht die Übertragung der elterlichen Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge (z.B. Aufenthaltsbestimmungsrecht) beantragen. Das Familiengericht wird dem Antrag stattgeben, wenn der andere Eltern zustimmt, oder wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder die Übertragung auf einen Elternteil  dem Wohle des Kindes am besten entspricht.

Das FamFG stellt dazu ein Hauptsacheverfahren und für eilige Angelegenheiten ein einstweiliges Anordnungsverfahren bereit.  

Das Gericht wird dem(n) Kind(ern) einen Verfahrensbeistand zur Interessenvertretung beiordnen und weiterhin auf eine einvernehmliche Regelung „drängen“. Das ist auch sinnvoll: das Gericht kennt die Kindeseltern kaum, die bessere Entscheidung können die Eltern treffen, die ihre Kinder lieben.

Das Familiengericht kann das Verfahren unterbrechen und beiden Eltern aufgeben, (erneut) gemeinsame Gespräche bei einer Beratungsstelle zu führen. Ein neuer Termin wird in diesem Fall erst nach Abschluss der Beratungsgespräche erfolgen.

Kommt weiterhin eine einvernehmliche Regelung der Kindeseltern nicht in Betracht, wird das Gericht das Kind anzuhören. Sie sollten berücksichtgen, dass das Kind nicht Objekt des Sorgerechtsverfahrens ist: es ist ein Individuum mit eigenen Grundrechten, das keinen Machtansprüchen seiner Eltern unterliegt.

Mit zunehmendem Alter des Kindes entsteht ein immer stärkeres Recht auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung des Persönlichkeitsrechtes. Lässt sich der Wille des Kindes altersgemäß noch nicht zuverlässig feststellen und führt eine Abwägung der vorstehenden Gesichtspunkte zu dem Ergebnis, dass beide Eltern über eine gleichwertige Erziehungskompetenz verfügen, wird das Familiengericht ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten (selten weniger als 100 Seiten umfassend) einholen, mit welchem die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Entscheidung sorgfältig und nachvollziehbar herausgearbeitet werden. Beurteilungskriterien sind z. B.:

  • Bindung des Kindes, insbesondere an seine Eltern und Geschwister;
  • Wille des Kindes als Ausdruck seiner Selbstbestimmung je nach Alter und Entwicklungsstand;
  • Förderungsprinzip, bestmögliche Förderung des Kindes nach der Scheidung;
  • Kontinuitätsprinzip;
  • Grundsatz der Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehung.

Auf dieser Grundlage wird das Gericht eine Entscheidung zu treffen haben, wenn  die Eltern nicht bereit sind, sich zurück zu nehmen und sch zu verständigen. 

Trifft es zu, dass in der Regel der Mutter das Sorgerecht übertragen wird?

Nein, unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung ist es zwar nicht ungewöhnlich, dass die Kindesmutter bisweilen Vorteile für sich in Anspruch nimmt. Die Zeiten, zu denen es in der Gesellschaft nicht als schick galt, wenn der Kindesvater den Kinderwagen schob, sind indessen längst vorbei. Zurecht werden die Kindesväter zunehmend in die Verantwortung genommen, verabreichen die Babynahrung, stehen in der Nacht auf, um die Mutter zu entlasten, bringen die Kinder in der Kindergarten und erbringen gleichwertige Betreuungsleistungen. In diesen Fällen ist es verständlich, dass sich die Kindesväter nach erfolgter Trennung in dem gleichen Umfang für berechtigt halten, sich zukünftig allein um die Kinder zu bemühen und die Übertragung des Sorge- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen. Wir haben in der Vergangenheit Verfahren geführt, in denen dem Vater das alleinige Sorgerecht zugesprochen wurde.

Werden Gerichts- und Anwaltskosten von der Beratungshilfe oder Verfahrenskostenhilfe übernommen?

Um die rechtlichen Möglichkeiten umfassend zu erörtern, sollten Sie möglichst frühzeitig einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens einschalten. Der erfahrene Rechtsanwalt wird die vorstehenden Gesichtspunkte von Anfang an berücksichtigen und die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Lösung aufzeigen.

Für das außergerichtlich Verfahren können Sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse Beratungshilfe beantragen, sofern dies von der Landesgesetzgebung vorgesehen ist (z.B. in Schleswig-Holstein).

Für das gerichtliche Verfahren wird das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe bewilligen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

Die dafür vorgesehenen Antragsformulare finden Sie auf unsere Homepage mit Erläuterungen und können hier online ausgefüllt werden.

Sofern Fragen bestehen, senden Sie uns gern unverbindlich eine Nachricht.

info@kanzlei-glinde.de

Sie errreichen uns in den üblichen Bürozeiten. Geben Sie uns dazu bitte Ihre vollständigen, personenbezogen Daten auf und hinterlassen Sie uns eine Telefonnummer, unter der wir Sie gegebenenfalls vertrauensvoll zurückrufen können.