Ehe- und Familienrecht

Ehewohnung

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Wir leben getrennt, können uns jedoch nicht über die Nutzung unserer Ehewohnung verständigen.

Ehen zerbrechen nicht selten gerade dann, wenn das gemeinsame Haus oder die Eigentumswohnung angeschafft wurde. Obwohl sich endlich der „Traum vom eigenen Heim“ verwirklicht hat, verbleibt keine Freude mehr, die gemeinsamen Ziele zu verwirklichen.

In den weitaus überwiegenden Fällen gelingt es den Eheleuten, sich im Hinblick auf die Miteigentumsverhältnisse oder auch das Alleineigentums eines Ehegatten an der Ehewohnung zu einigen. Kommt es nicht zu einer Einigung, sind die familienrechtlichen Vorschriften, die Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes (§§ 749 ff. BGB) oder die Regelungen des Gesellschaftsrechtes (§§ 705 ff. BGB) zu berücksichtigen. Daneben kommt eine Teilungsversteigerung in Betracht.

Welche vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen zur Herstellung einer einvernehmlichen Regelung?

Sinnvollerweise sollten sich die Ehegatten frühzeitig über die Rechtsverhältnisse des Hausrates und der Ehewohnung verständigen.

Der Mietvertrag kann von einem Ehegatten mit Zustimmung des Vermieters übernommen werden. Im Fall der Zustimmung durch den Vermieter, wird der ausziehende Ehegatte aus dem Mietvertag entlassen. Stimmt der Vermieter nicht zu, wird der ausziehenden Ehegatte im Innenverhältnis von allen Pflichten aus dem Mietverhältnis freigestellt.

Ist einer der Ehegatten oder beide gemeinsam Eigentümer einer Immobilie können die Konsequenzen im Hinblick auf die Unterhaltsansprüche und den Zugewinnausgleich übergreifend im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung berücksichtigt werden. Die wirtschaftlichen Gesichtspunkte können über den Zugewinnausgleich und die Unterhaltsregelung flankierend berücksichtigt werden.

Die Ehegatten können auch vereinbaren, dass die Eigentumsverhältnisse an der bisherigen Ehewohnung von der Scheidung nicht betroffen sein sollen. Über die zukünftige Nutzung und das zukünftige Entgelt einschließlich Nebenkosten und Lastentragung wird eine entsprechende Verständigung unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse getroffen.

Wir leben innerhalb der Ehewohnung getrennt, können uns jedoch nicht verständigen, welcher Ehegatte auszieht?

Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlasst, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (§ 1361 b BGB). 

Der Begriff der Ehewohnung ist weit auszulegen. Ehewohnung ist jeder Raum, den die Ehegatten nach den tatsächlichen Verhältnissen zu Wohnzwecken benutzt haben oder der nach den gesamten Umständen jedenfalls dafür bestimmt war, einschließlich Nebenräume und zugehörigem Garten.

Die vorläufige Regelung stellt einen schweren Eingriff in den Lebensbereich und die Rechte des anderen Ehegatten dar. Ein derartiger Eingriff ist deshalb nach den Geboten der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit nur statthaft, wenn eine andere Lösung nicht möglich ist oder der antragstellende Ehegatte in höherrangigen Rechtsgütern erheblich gefährdet wäre.

Eine schwere Härte (unbestimmter Rechtsbegriff) liegt vor, wenn die Zuweisung der Ehewohnung aufgrund außergewöhnlicher Umstände ausnahmsweise auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten dringend erforderlich ist, um eine unerträgliche Belastung des die Zuteilung begehrenden Ehegatten abzuwenden, z. B.:

  • ein Ehegatte wird von dem anderen eigenmächtig aus der Wohnung gesetzt, obwohl er gesundheitlich auf diese Wohnung dringend angewiesen ist; OLG Hamm FamRZ 1993, 1441
  • die getrennt lebende Ehefrau nimmt nach Verwerfung Ihres Antrages auf Wohnungszuweisung ihren neuen Lebensgefährten in die Wohnung auf; OLG Hamm FamRZ 1993, 1442
  • der andere Ehegatte setzt sich ständig und schwerwiegend über die verbindliche Regelung der Wohnungsaufteilung zwischen den Ehegatten hinweg, OLG Braunschweig; NJW RR 1996, 578
  • grob unbeherrschtes und unberechenbar oder grob rücksichtsloses Verhalten des andere Ehegatten; OLG Naumburg FamRZ 2006, 1207
  • Sachbeschädigung, OLG Köln FamRZ 2001, 761
  • Gewaltausübung unter Alkohol- oder Drogeneinfluss; OLG Koblenz FamRZ 1987,406
  • Aggressives Verhalten, Tätlichkeiten, Beleidigungen, Zerstörungen, Randalieren; OLG Düsseldorf FamRZ 1988,1058
  • ständiges Lärmen zur Nachtzeit;
  • mangelnde Hygiene;
  • Suizidversuche und deren ständige Ankündigungen
  • Terrorisierung der Familie aufgrund psychischer Erkrankungen

Motive der Trennung oder Gründe für das Scheitern der Ehe sind grundsätzlich ohne Bedeutung.

Bei vorsätzlichen und widerrechtlichen Verletzungen (Körper, Gesundheit und Freiheit und widerrechtlichen Drohungen mit Gewalt) kann die Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung nach § 1 GewSchG in Betracht kommen. Die Polizei kann ein temporäres Verbot aussprechen. Bis zum Ablauf der Verbotsfrist kann eine Entscheidung nach dem GewSchG beantragt werden.

Zwischenzeitlich leiden sogar unsere Kinder unter den fortlaufenden Auseinandersetzungen und reagieren mit Verhaltensauffälligkeiten.

Leben im elterlichen Haushalt Kinder, ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Eine unbillige Härte kann insbesondere auch dann vorliegen, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist.

Kinder leiden unter diesen Konflikten erheblich. Diese Situation kann sogar dazu führen, dass das Kind sich im Alter von 20 bis 25 Jahren wegen des erlittenen Bindungsverlustes und einer sich hieraus wahrscheinlich entwickelnden Neurose und Bindungsstörung in psychotherapeutische Behandlung begeben muss, ganz abgesehen davon dass die erlittenen seelischen Störungen ggf. schon während der Pubertät zu einer Delinquenz führen kann. Dem muss dringend entgegen gewirkt werden.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat z. B. in einer Entscheidung vom 08.07.2010 (9 WF 40/10) entschieden, dass die Wohnung dem Ehegatten zuzuweisen ist, der auf deren Nutzung zum Erhalt der gewohnten Umgebung für die Kinder angewiesen ist, wenn ein erträgliches Zusammenleben der Eheleute in einer räumlich beengten Ehewohnung gemeinsam mit drei Kindern wegen dauerhafter unerbittlicher Streitigkeiten seit der Trennung nicht mehr möglich und aus Gründen des Kindeswohls eine räumliche Trennung der Parteien dringend geboten ist. Die Belange der Kinder haben deshalb wegen der erforderlichen Billigkeitsabwägung

Darf ich nach erfolgtem Auszug gegen den Willen des anderen Ehegatten wieder in die Ehewohnung einziehen?

Ist der andere Ehegatte nach der Trennung aus der Ehewohnung ausgezogen, wird nach Ablauf von 6 Monaten unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten, das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat, wenn keine ernsthafte Rückkehrabsicht bekundet wurde. Eine schriftliche Regelung ist deshalb empfehlenswert, wenn zur Vermeidung von Konflikten nur ein vorübergehender Auszug erfolgt.

Für welchen Zeitraum wird die Ehewohnung durch gerichtliche Entscheidung zugewiesen?

Die Entscheidung des Familiengerichtes nach § 1361 b BGB gilt nur für die Dauer des Getrenntlebens. Die Regelung verliert ihre Wirksamkeit bei Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft oder rechtskräftiger Ehescheidung.

Hat das Gericht einen Ehegatten gemäß § 1361 b BGB dazu verpflichtet, dem anderen Ehegatten die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen, kann der weichende Ehegatte von dem anderen eine Vergütung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Wird eine Mietwohnung zugewiesen, kommt eine gesonderte Nutzungsvergütung neben der Miete regelmäßig nicht in Betracht.

Vorbehaltlich einer unterhaltsrechtlich überlagernden Regelung ist mit der Zuweisung auch eine Entscheidung über die Nutzungsentschädigung zu treffen.

Wie gestaltet sich die Regelung nach Rechtskraft des Ehescheidungsverfahren?

Können sich die Ehegatten anlässlich der Scheidung weiterhin nicht verständigen, wer die Ehewohnung künftig bewohnen und wer die Wohnungseinrichtung und den sonstigen Hausrat erhalten soll, sind die Rechtsverhältnisse an der Wohnung und an dem Hausrat nach der Verordnung über die Behandlung und des Hausrates im Verbund der Ehescheidung einzubeziehen.

Wie kann ich meinen Ehegatten dazu bringen, an einer einvernehmlichen Regelung mitzuwirken?

Eine frühzeitige Beratung durch das Jugendamt, einen Rechtsanwalt, oder die Vereinbarung einer Mediation ist unter Berücksichtigung der Belange gemeinsamer Kinder bzw. zur Regelung der gesamten Ehefolgen dringend zu empfehlen.  Das Jugendamt wird beide Ehegatten zu einem gemeinsamen Gespräch einladen und wird auf die Situation der Kinder besonders hinweisen und Hilfestellung zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung geben. Eltern müssen wieder lernen, gemeinsame Gespräche zu führen, z. B durch psychologische betreute Beratungsgespräche in verschiedenen Beratungszentren. Mit einer aufsuchenden Familientherapie kann den Konflikten insbesondere vor dem Hintergrund einer Kindeswohlgefährdung, zu deren Abwendung beide Eltern verpflichtet sind, entgegen gewirkt werden. Sind beide Eltern dazu bereit, wird sich auch eine Regelung zu den Wohnverhältnissen ergeben.  

Werden Gerichts- und Anwaltskosten von der Beratungshilfe oder Verfahrenskostenhilfe übernommen?

Sollte dennoch ein einvernehmlich Regelung nicht in Betracht kommen, muss eine gerichtliche Endscheidung durch das Familiengericht getroffen werden.

Für das außergerichtlich Verfahren können Sie Beratungshilfe beantragen, sofern dies von der Landesgesetzgebung vorgesehen ist. Das ist z.B. in Schleswig-Holstein der Fall, in Hamburg besteht die "Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle Hamburg" (ÖRA), Beartungshilfe wird daneben nicht gewährt.

Für das gerichtliche Verfahren kann das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe bewilligen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen (Aussicht auf Erfolg, wirtschaftlichen Verhältnisse) gegeben sind. Die dafür vorgesehenen Antragsformulare finden Sie auf unsere Homepage mit Erläuterungen und können online ausgefüllt werden.